Drum’n’Bass – Mehrspur Blog#7

Was war noch gleich Drum and Bass? Im Eis der Erinnerungen tauen hysterische Basslines auf, welche mit andauernden Wiederholungen des Amen Breaks versehen waren. Der D&B ist ein Fossil aus dem Mesozoikum der Musikgeschichte.

Man erinnert sich an erheblich benebelte Tanznächte im Rohstofflager. Gute alte, verkiffte Zeiten, als die Kellerhallen des Toni Areal noch weissen männlichen Rastafaris vorbehalten waren. In diesen düsteren Höhlen konnte man lange herumstreunen, ohne je einem weiblichen Individuum zu begegnen.

Nichtsdestotrotz, man kann der Musikrichtung einen gewissen Charme nicht abstreiten. Vielleicht hängt das mit seiner Entstehungsgeschichte zusammen: Aus den Kellern Süd-Londons als eine Abspaltung von Dub, Breakbeat Hardcore und UK Garage entwickelt, trägt Drum and Bass noch immer ein Gefühl des Underdogs mit sich. Die musikalischen Erzeugnisse haben etwas sehr triviales: Keine Verschnörkelungen, nur unverfälscht und direkt. Doch nicht nur die Musik ist ein guter Grund, warum man den baldigen Besuch einer DnB Party in Erwägung ziehen sollte:

Die Nostalgie
Man erinnert sich an Zeiten, bei denen das Reinkommen in den Club davon abhängig war, ob der Türsteher nach einer Identitätskarte fragte oder nicht. Wenn man dann endlich hereingelassen wird, sollte man keinesfalls den erwachsenen Spiesser raushängen und sich über die viel zu laute Musik beklagen – mit genügend intus fällt die irgendwann gar nicht mehr auf. Ganz den Versuchungen des jugendlichen Leichtsinns verfallend, muss man damit rechnen, selbst als langjährigen Abstinenzler zu den verführerischen grünen Kräutern zu greifen, die überall im Angebot sind.

Das Tanzen
Sobald man die Frage, was zur Hölle man eigentlich unter all diesen hirnentleerten Menschen macht, bei Seite gelegt hat, kann man sich triumphal den tänzerischen Zwängen widmen. Denn dafür gibt es kaum bessere Musik. Tanzen in einer Drum and Bass`en Manier heisst soviel wie Hüpfen und spastisch die Arme durch die Luft fliegen lassen. Feinmotorische Fähigkeiten braucht es keine. Und man fühlt sich stets wie im Thriller-Video von Michael Jackson (tänzerische Höhenflüge mitten in einem Haufen Zombies).Vor allem aber ist man mit seinem infantilen Hopsen nicht alleine. Negativ aufzufallen ist in Anbetracht der restlichen 300 Springstöcke unmöglich. Für Frauen, die wenigstens einmal im Club ihre Ruhe haben möchten, bietet das ausgeschweifte ein Erlebnis par Excellence. Es ist schlichweg nicht machbar, zu dieser Musik jemanden anzutanzen.

Der Rewind
Kaum eine andere Musikrichtung fördert den Rewind mehr als Drum and Bass. Für alle DJ-Banausen: Ein Rewind bedeutet, dass der DJ das angespielte Lied (durch Schreie aus dem Publikum angefordert) mit einem schnellen Rückwärtsschlagen unterbricht und nochmals von Vorne beginnt. Das bedeutet also, dass man als Besucher endlich gesellschaftlich völlig akzeptiert direkt auf die musikalische Darbietung Einfluss nehmen kann, so fern man das Richtige timing hat.

Wie man sieht, lohnt sich der Besuch einer Drum and Bass Party. Diesen Samstag hat man im Mehrspur die perfekte Gelegenheit dazu: Am 13.12 findet das Institute of Drum&Bass statt. Eintritt frei!

Der Mehrspur Blog erscheint ein- bis zweimal monatlich und widmet sich jeweils einem Thema rund um die vielseitige Mehrspur-Welt im Toni-Areal © by Phil Cron